Minsk – fast weniger als Nichts

Minsk – fast weniger als Nichts

 

Alle Welt wartete auf die Ergebnisse des Treffens in Minsk. Dem russischen TV war zu entnehmen, wie Wladimir Putin und Petro Poroschenko sich artig die Hand reichten.  Zugleich hörte man aus der Ukrainischen Rada den Parlamentsvorsitzenden Turtschinow, der mit finsterem Blick verkündete, dass er keine andere als eine militärische Lösung des Problems im Donbass sehe. Er sehe keine Möglichkeiten für eine friedliche Lösung durch einen Dialog.

 

Auch Poroschenkos Positionen sind nicht gerade Friedensangebote, mag er sie auch noch so oft so nennen und beteuern, im Zentrum stünde für ihn die Beendigung des Krieges. Zu offensichtlich ist, dass im selben Atemzug die „antiterroristische Offensive“ verstärkt wird, von ihm klar ausgesprochen wird, dass er mit der soeben von ihm verfügten Auflösung des Parlamentes die Kräfte schwächen will, die gegen eine militärische Lösung sind.

Unübersehbar ist auch, dass die westlichen Alliierten Poroschenkos, allen voran die Amerikaner, ihn in diesem Vorhaben bestärken. Der Propagandafeldzug schwoll vor dem Treffen in Minsk an wie eine Bugwelle vor einem Fahrt aufnehmenden Schlachtschiff.

 

Die Ablehnung der vorgezogenen Wahlen durch die Rebellen, ihre Drohung gegebenfalls „Maßnahmen“ zu ergreifen, wenn Kiew  versuchen sollte in Donezk oder Lugansk die Durchführung von Wahlen vorbereiten zu wollen, tragen ebenfalls nicht gerade zur Entspannung bei.

 

Und was ist mit Russland? Die Ankündigung eines zweiten Konvois ungeachtet aller Kritik von Seiten Kiews und seiner westlichen Unterstützer, ist zwar ein genialer taktischer Schritt der Moskauer Seite, aber zweifellos auch nicht geeignet, das aufgeheizte Klima zu beruhigen, solange Kiew und seine Partner dies nur als taktische Bedrohung einzuordnen imstande sind.

 

Was konnte also in Minsk geschehen? Die neo-liberalen Reformen, sind beschlossen und beginnen ihre verheerende soziale Wirkung zu entfalten. Die nationalistischen Emotionen polarisieren sich mit jedem Gefecht, mit jedem Artilleriebeschuss, mit jedem Toten heftiger. Militärische Entscheidungen sind nicht in Sicht. Die geostrategischen Interessengegensätze zwischen Europäischer und Eurasischer Union, zwischen unipolarer US-Hegemonie und der multipolaren des Ostens und des Südens der Welt treten immer schärfer hervor. Nichts ist bisher entscheidungsreif.

 

Tatsächlich wurde denn in Minsk auch außer Gesten nichts ausgetauscht. Immerhin, möchte man sagen. Aber real ist der Stand der gleiche wie vorher:

Poroschenko kündigte eine weitere Verwirklichung seines Friedensplans an. Putin habe erklärt, ihn dabei unterstützen zu wollen. Putin machte demgegenüber jedoch noch einmal deutlich, dass nicht er der Partner für Waffenruhe und Friedensabschlüsse im Lande sei, sondern die aufständischen Kräfte in der Ukraine selbst. Der zweite russische Hilfskonvoi wird von Russland geschickt, ob es der Ukraine und dem Westen gefällt oder nicht. Die hohe Kommissarin für Außenbeziehungen der Europäischen Union Ashton hielt sich bedeckt. Die strategischen Grundkonflikte blieben im Hintergrund.

 

Kurz gesagt: es wird noch viele Treffen in Minsk geben müssen, bevor sich in den anstehenden Konflikten eine neue Ordnung herausschälen kann.

 

Kai Ehlers ww.kai-ehlers.de                                                             27.08.2014